Freitag, 15. Juli 2011

Über Emotionen beim Backen

Wenn man Leib und Seele kocht, so wie ich es zumindest probiere, dann erlebt man in der Küche alle Emotionen, die man auch von einer Beziehung kennt. Liebe, Wut, Überraschung, etc. Letzteres macht für mich den Hauptgrund aus, warum ich (und viele andere) lieber Backen als Kochen. Denn während ich beim Kochen zusehe, wie das Gericht langsam aber stetig seine Form annimmt, wie das Fleisch bräunt, wie das Gemüse brät, wie die Sauce Gestalt annimmt, habe ich beim Backen immer dieses gewisse Überraschungsmoment, wenn der unscheinbare Teig, der in den Ofen hineingegangen ist, als toller Kuchen wieder herauskommt.

Bei vielen Sachen habe ich zu meinem Backwerk wirklich alle Gefühle dabei. Zum Beispiel beim Germteig. Viele trauen sich nicht an Germteig heran, obwohl die einzige Bedingung, die er stellt, ist, dass ihm nicht kalt wird. Also eigentlich kein Grund, ihn zu fürchten, denn schließlich ist das auch die Bedingung, die die meisten Frauen unter uns stellen.
Germteig belohnt den Koch mehr als jeder andere Teig, indem man ihm beim Wachsen zusehen kann. Diese selbstständige Veränderung des Teiges begeistert mich ja immer wieder. Wenn ich wieder mal begeistert meinen Germteig in Hingabe tätschle und aus den Augenwinkel beobachte, ob mich eh keiner ins Irrenhaus verfrachten will, sagt mir dieser Teig einfach, dass ich es richtig mache.

Im Gegenzug dazu ist Biskuitteig übrigens ein hinterhältiger Drecksack, denn der tut ganz zufrieden, geht im Ofen aufs Fünffache auf, fällt dann in völlig sich zusammen und lacht sich ins Fäustchen.

Germteig ist natürlich mein besonderer Liebling unter den Teigen, aber tatsächlich ist es doch so, dass man sich immer über gelungene Teige und Kuchen freut, auch wenn man das Rezept schon zum 100. Mal macht.

Und dann gibt es das Gegenteil dieser Liebe zum Teig.
Ich kann ja in der Küche völlig ausrasten. Das kommt zum Glück selten vor, aber gelegentlich leider doch. Ich denke, diese Anfälle haben mich insgesamt bereits 5 potentielle Lebensjahre gekostet. Drei konkrete Fälle sind mir noch in bester (?) Erinnerung:
Da war zum einen der Germteig, den ich aufs Fensterbrett über eine Heizung gestellt habe. Was an sich eine gute Idee ist, sollte verdammt gut beobachtet werden. Ich habe ihn nämlich dort eine dreiviertel Stunde gehen lassen. Und das Ding ist gegangen! Nämlich über das gesamte Fensterbrett, den Heizkörper und den Parkettboden! Dieser Teig wurde kein Kuchen. Er hat nämlich zusammen mit den drei Küchenrollen, mit denen ich alles geputzt habe, das Zeitliche gesegnet.
Zum nächsten war das Erlebnis mit den Biskuit-Osterlämmern. Da haben die Formen nicht richtig zusammengehalten und der Teig hat sich in seiner Gesamtheit in den Ofen geleert. Und nein - ich war nicht gleich zur Stelle. Ich hab das erst nach Ende der Backzeit bemerkt.
Und last but noch least war da mein absolutes Horrorerlebnis mit Hippenteig. Bei Hippenteig steht in den Kochbüchern immer so simpel "Sofort nach dem Backen in die gewünschte Form bringen und dort auskühlen lassen". Das klingt ja recht einfach. Nur stellt man ziemlich rasch fest, dass gebackener Hippenteig innerhalb von Sekunden nach Verlassen des Ofens fest und brüchig wird. Und schnelles Arbeiten deshalb einfach nicht möglich ist, weil man sich brutalstens die Finger verbrennt. Und das nicht zu vermeiden ist, weil die heißen Hippen an allem anderen, zum Beispiel Küchenhandschuhen, sofort festkleben.
Sechs verbrannte Finger und einige zerbrochene Hippenkreise später habe ich angefangen, unkontrolliert zu schreien und mit zerbrochenen Hippen um mich zu werfen. Unglaublicherweise habe ich es im Endeffekt tatsächlich, mit der beruhigenden Einflussnahme meiner Mutter und eines Glases Wein, geschafft, für alle Gäste der Abendgesellschaft wunderschöne Hippenkörbchen zu formen. Ich habe es sogar am Abend noch geschafft, mit meinen verbundenen Fingern Messer und Gabel zu halten. Happy End also. Die verlorenen Lebensjahre gibt mir trotzdem keiner mehr zurück, darum ist das Wort "Hippenteig" seit diesem Erlebnis aus meinem Gedächtnis gestrichen.

Aber auch von solchen Küchenerlebnissen sollte man sich nicht abhalten lassen. Am Ende ist es nämlich wunderbar, Familie und Freunde zu bekochen und ob des Essens ausgiebiges Lob zu genießen.


Die Bilder habe ich mir frecherweise geborgt von folgenden Websites:
http://samsara-weiterentwicklung.blogspot.com
http://www.fam.tuwien.ac.at/~schamane/gallery/stimmungsratten/2
http://www.bilderkiste.org/show/details/4130168082987/herz.png.html

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