Donnerstag, 13. November 2008

Tortenfieber



Eine Punschtorte. Das wohl einfachste Hausmittel auf Erden, damit dir nach dem Genuss eines Stückes so sagenhaft schlecht ist, dass du schwörst, nie wieder Punschtorte zu essen. Bis zum nächsten Mal.

Ich persönlich wäre ja nie auf die Idee gekommen, eine Punschtorte zu fabrizieren. Nicht, nachdem man im Wiener Kaffeehaus Heiner die besten Punschkrapferl der Welt (um die ebenfalls besten Punschkrapferl-Preise der Welt) kaufen kann.
Aber eine Freundin meiner Mama hatte Geburtstag, und bevor die Damen das Geld in eine gekaufte Torte (iiih) stecken, baute ich das Ding lieber selbst. Zudem war es eine gewisse Herausforderung, da ich besagtes Stück noch nie in Angriff genommen hatte.

Wie auch immer, das Drama "Punschtorte" war ein Mehrakter. Sogar begeisterte Theaterfans hätten dieses Stück nach dem ersten Akt verlassen. Mir aber hat es nichts geholfen, denn für eine gekaufte Torte war es bereits zu spät.

Erster Akt: Der Biskuit Teil I
Nachdem ich eine Reihe von Kochbüchern habe, alle davon niegelnagelneu und chic, habe ich natürlich großspurig auf das 70er-Jahre Punschrezept meiner Mutter verzichtet. In einem der edlen Wälzer fand sich das Rezept für die Torte mit einem separaten Rezept für den Boden. Gesagt, getan. Es kam mir komisch vor, schon während dem Herstellen, aber bitte: Das Buch stammt von einem großen Meister, wehe den Zweiflern!
Ergebnis: Eingefallen, zerbrochen, hässlich. Eine Schande. Und ich grantig.

Zweiter Akt: Der Biskuit Teil II
Nun ist aber eine Punschtorte ohne Biskuitboden wie ein Blatt ohne Baum, einfach nicht möglich. Deshalb habe ich zähneknirschend zum bereits erwähnten 70er-Jahre-Rezept aus einer Frauenzeitschrift gegriffen und den Biskuit laut den Vorgaben von Christa O. mit edler Fönwelle gebacken:

6 Eigelb mit 3 EL heißem Wasser und 130g Zucker schaumig schlagen (Rum dazu, meine Anmerkung, was auch sonst). 6 Eiweiß mit 20g Kristallzucker steif schlagen, auf die Eigelbcreme setzen. 125g Mehl darüber sieben, alles locker miteinander vermengen. In eine bebutterte und bemehlte Springform leeren, im vorgeheizten Backrohr bei 180 Grad backen, bis sie durch ist.

Auskühlen lassen, zweimal durchschneiden. Den oberen und unteren Boden mit Rum tränken (aber massig, ich war zu vorsichtig) und mit Marillenmarmelade dünn bestreichen. Die mittlere Platte sehr fein zerpflücken. 6 Blatt Gelatine kalt einweichen. 150g Zucker, Schale und Saft je einer Zitrone und einer Orange erhitzen, bis sich der Zucker aufgelöst hat. 4 EL Marillenmarmelade und ein guter 1/8-Liter Rum dazugeben. die Gelatine gut ausdrücken und in der warmen Flüssigkeit auflösen. 1/2 Liter Schlag steif schlagen, zusammen mit der Flüssigkeit unter die Krümel mengen und in die Torte füllen.
Über Nacht beschweren (z.B. ein Tablett draufstellen mit etwas Schwerem obenauf) und kalt stellen.
Was ich übrigens laut meiner Mum anmerken muss: Die Füllung sollte mit Kakaopulver dunkel gefärbt werden, weil das einfach so gehört.

Dritter Akt: Aprikotieren
Eine Verschnaufpause in der langen Herstellungszeit dieser Dramaturgie. Die Torte rundherum mit erwärmter passierter Marillenmarmelade einstreichen, zum Trocknen wieder in die Kühle stellen.

Vierter Akt: Die Glasur Teil I
Wie auf dem Foto zu erkennen ist, macht es sich ausgesprochen apart, die Torte nicht rundherum zuckerlrosa zu glasieren, sondern nur obenauf.
Nein, die Glasur habe ich nicht selbst gemacht. Da streike sogar ich. Und im Supermarkt bekommt man ganz wunderbare Becher mit fertiger Punschglasur. Ich habe gleich zwei gekauft, rein vorsichtshalber, ich kenne ja meine Fähigkeiten im Glasieren von Torten (Null, in Ziffern: 0). ZUM GLÜCK!
Denn das Zeug ist ein echter Sargnagel! Ich habe es erwämt, auf die Oberfläche der Torte geleert - und nicht nicht mal ordentlich verstrichen, da ist das Zeug schon wieder so fest geworden, dass sich jeder Strich eingebrannt hat. Na toll. Auch mit dem zweiten Becher Glasur ist es sich nur um ein Haar ausgegangen, dass ich die Oberfläche erstens ganz bedecken konnte und zweitens ohne gröbere Glasurschäden. Nicht mal der Haarfön, mein ansonstiger Küchenhelfer in der Not, konnte hier noch etwas retten.

Fünfter Akt: Die Glasur Teil II
Wie schon erwähnt, ist meine Punschtorte nicht rundum rosa, sondern seitlich mit Schokolade glasiert. Ich habe also Kochschokolade geschmolzen, mit Butter glasierfähig gemacht, und diese Glasur mit Pinsel auf die Seitenränder meiner Torte gestrichen, immer ganz vorsichtig, schließlich muss der Übergang Punschglasur zu Schokoglasur halbwegs regelmäßig sein.
Dann kam die beinahe fertige Torte wieder in die Kälte.

Sechster Akt: Fertig und Halleluja!
Mit Staubzucker und Wasser eine schöne Zuckerglasur anrühren, in einen Spritzbeutel füllen und in anmutigen Buchstaben beliebige freundschaftliche Worte (oder saftige Flüche, je nach Gelungenheit und Ziel der Torte), zarte Muster am Rand (um Glasurübergangs-Tragödien zu vertuschen) und liebliche Muster spritzen. Bei den lieblichen Mustern, kleiner Tipp am Rande: Bei Herzen vorsichtig sein, mein 3-fach-Herz wird grne mit einem Herz mit schiefen Flügeln verwechselt.
Dann noch eventuell mit gekauften Marzipanblüten dekorieren.
Für die, die hier gerne noch Akt Nummer 7, "Die Marzipanblüten-Herstellung", gelesen hätten: Träumt weiter!

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Einfach wunderschön!

Seraphine hat gesagt…

Hat mich 8 Stunden und 5 Lebensjahre gekostet.